Eine Frage der Kinderstube?

Ein LinkedIn-Post von Wolfgang Jenewein

Habt Ihr am Wochenende auch das Laientheater rund um die Entlassung von Julian Nagelsmann verfolgt? Offensichtlich hat der Trainer der eigentlich noch Vertrag bis 2026 hatte, durch einen Tweet des italienischen Transfer-Experten Fabrizio Romano von seiner Entlassung erfahren. Weder Oliver Kahn als CEO noch Hasan Salihamidžić als Manager hielten es für nötig es ihm in einem persönlichen Gespräch mitzuteilen. Auch ein Telefonat liess sich offensichtlich nicht mehr einrichten.

Dabei waren die News nicht nur für den geschassten Trainer ein Schock. Haben nicht noch die gleichen Offiziellen, welche ihn jetzt hinterrücks entlassen haben, noch vor kurzen davon gesprochen, dass Sie mit dem jungen Trainer eine neue Ära begründen wollen. Haben sie nicht mit der gleichen Begründung die exorbitant hohe Ablösung von 25 Millionen Euro und den mit 5 Jahren ungewöhnlich langen Vertrag begründet?

Ja, so ist es im Fussball Business. Beinahe stündlich können sich Stimmungen und Einschätzungen von und über Menschen ändern. Wer in dieser Industrie arbeitet muss damit umgehen können und schliesslich bekommen die Beteiligten auch ein hohes Schmerzensgeld.

Das ist richtig, aber zeigt dieser Vorfall nicht ein grundsätzliches Problem des (Männer-) Fussballs auf? Der Fall «Nagelsmann» ist kein Einzelfall. Just an diesem Wochenende wurde Oliver Kreuzer der langjährige Manager des KSC über eine E-mail darüber informiert, dass er mit sofortiger Wirkung entlassen sei. Auch nicht schlecht, per E-mail nach sieben Jahren das Aus! Es wäre ein leichtes dutzende solcher Beispiele zu finden und ich selbst könnte aus persönlichen Erfahrungen viele weitere hinzufügen. Es ist normal, dass man für ein Treffen angefragt wird, man den Termin blockiert und dann einfach nichts mehr hört, dass man wochenlang versucht Verantwortliche an das Telefon zu bekommen (E-mails werden grundsätzlich nicht beantwortet), dass man ein Projekt per Handschlag vereinbart und sich plötzlich niemand mehr dafür verantwortlich fühlt.

Der Fall Nagelsmann ist nur ein Symptom für die tiefliegende Ursache, eine mangelnde Werteorientierung und Integrität. Es ist normal heute das zu versprechen und morgen etwas anderes zu tun. Die meisten Fussballer werden schon in frühen Jahren aufgrund ihres Talents und Potenzials auf Händen getragen. Sie kommen in ein Umfeld, in dem ihnen alles abgenommen und erleichtert wird. Sie selbst sind auch nur eine Ware, die nur so lange etwas gilt, so lange sie leistet. Sie haben selbst Erfahrungen mit Trainern, die sie ohne Begründung auf die Bank setzen, in die zweite Mannschaft verbannen oder sogar verkaufen lassen. Die gleichen jungen Profis werden dann Manager, Vorstände und Präsidenten von grossen Clubs. Da muss man sich nicht wundern, wenn sie die Vereine dann so führen, wie sie sie selbst geführt wurden. Am Ende ist es eine Frage der Kinderstube.

Was sind Eure Erklärungen rund um den Fall Nagelsmann und das Fussball Business?

Herzlichst
Euer Wolfgang

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