Wann sind wir endlich bereit für empfindsame und empfindliche Leader?

LinkedIn-Post von Wolfgang Jenewein
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Wie oft habt Ihr das schon gehört? „Im Management haben Gefühle keinen Platz“ oder „Im Business und Spitzensport darf man nicht zimperlich sein“

Entsprechend dieser Maxime werden auch nach wie vor die meisten Top-Jobs besetzt. Es braucht toughe Typen möglichst aus Teflon gerade in Zeiten der Krise. Die können nämlich auch unangenehme Entscheide fällen ohne, dass sie daran zerbrechen. Die führen den Laden dann mit harter Hand durch die raue See und alles wird gut.

Solche Leader funktionieren vielleicht in einer Welt die vorhersagbar und einfach ist. Da hilft es manchmal, gerade in Turnaround Situationen, eine Führungskraft zu haben die mit klarer Vision und starker Hand voran geht.

So einfach ist es 2025 aber nicht mehr. Die Welt ist komplex, die technologischen Entwicklungen vielschichtig und die Konkurrenzsituation unüberschaubar. Diese Ambivalenz und Unsicherheit sind gerade eindrucksvoll am Beispiel der Mobilität zu beobachten. Was ist die Technologie der Zukunft? Elektro oder Wasserstoff oder sollten wir doch noch einige Zeit am konventionellen Antrieb festhalten. Wer weiß das schon? Für jede Option lassen sich hinreichend Vor- und Nachteile definieren und klar die Menschen sehnen sich nach einfachen Antworten. Aber leider gibt es die immer seltener.

Führung 2025 bedeutet deshalb immer mehr das Aushalten und Moderieren von Dilemmata als das Durchsteuern und Regeln. Es braucht darum mehr sensitive Leader und weniger „harte Hunde“ auf allen Ebenen unserer Organisation. Neueste Studien beweisen, dass je mehr man Dinge und Situationen tief fühlt umso besser ist man auch in der Wahrnehmung von Emotionen anderer und dem Management von Konflikten. Sensibilität führt auch zu einem höheren Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit und Missständen. Entsprechend sind sensible Menschen motivierter für Veränderungen einzutreten und anderen zu helfen!

Das Problem ist nur, dass diese Feinfühligkeit auch einen Preis hat. Empfindsam geht nämlich häufig mit empfindlich einher. Diese Menschen können sich von den intensiven Emotionen oder negativen Stimmungen anderer überwältigt fühlen. Und sie neigen dazu, sich übermäßig Sorgen um die Meinungen anderer zu machen, was zu Selbstzweifeln führen kann.
Sobald man aber diese Gefühle zeigt, läuft man schnell Gefahr als „Weichei“ abgestempelt zu werden und das ist ja bekanntlich das letzte, was wir jetzt in der Krise brauchen. Und so schliesst sich der Kreis. Die Sensiblen und Empfindsamen ziehen sich zurück, weil ihre Verletzlichkeit sofort verurteilt wird und die Unsensiblen bleiben oder kommen an die Macht. Eindrücklich ist dieses Phänomen gerade in den USA zu beobachten.

Es wird Zeit, dass wir Empathie, Sensibilität und Empfindsamkeit endlich als das anerkennen, was es ist. Die Basis für echte Verbundenheit und Vertrauen. Wo wir doch alle wissen – ohne Vertrauen und Miteinander keine Performance.

Wie sehr Ihr das?

Herzlichst Euer
empfindsamer und empfindlicher
Wolfi

© , Jenewein AG