Let’s Stop “Toxic Positivity”!

Ein LinkedIn-Post von Wolfgang Jenewein

Kennt Ihr das? Du hast Sorgen und es geht dir nicht gut.
Wochenlang schon schleppst du es mit dir rum. Es beschäftigt und belastet dich, es macht dir Angst und raubt dir den Schlaf. Irgendwann nimmst du all deinen Mut zusammen und teilst es mit Jemanden.

Du weisst nicht genau, was du von dem Gespräch erwarten kannst. Du hast Angst, dass der Mensch deines Vertrauens, falsch reagiert, dich nicht versteht oder gar deine Verletzlichkeit missbraucht!
Egal, trotz all der Bedenken und Ängste willst du dich mitteilen, es muss raus und du sprichst es aus: «Ich hab vom Arzt eine schreckliche Diagnose erhalten», «Ich hatte eine Fehlgeburt» oder «Meine Ehe ist dabei zu zerbrechen»

Du hast so gehofft, dass man dich versteht, aber dein Gegenüber geht gar nicht richtig auf dich und deine Gefühle ein. Er lässt es nicht an sich ran und bleibt in seinen Aussagen oberflächlich. Er sagt Dinge wie «Denk einfach positiv»; «Alles passiert aus einem Grund» oder «Das ist doch nicht so schlimm die Y oder der X hat das auch schon durchgemacht»

So ein Verhalten nennt man toxische Positivität. Es ist das übermässige und unangemessene Bestehen auf einer positiven Denkweise. Diese Haltung ignoriert und invalidiert die negativen Erfahrungen und Emotionen anderer. Gefühle wie Trauer, Wut oder Angst sind natürliche und notwendige Reaktionen auf viele Lebensereignisse und sollten nicht unterdrückt werden. Toxische Positivität kann das Gefühl der Isolation bei dem Betroffenen verstärken und die emotionale Belastung erhöhen. Anstatt wirklich zuzuhören und Unterstützung anzubieten, wird der Betroffene dazu gebracht, seine Gefühle zu unterdrücken.

In der Regel passiert so ein Verhalten nicht in böser Absicht, im Gegenteil man versucht zu helfen, indem man dem Gegenüber sofort ein besseres Gefühl geben will. Der Effekt ist aber meist nur oberflächlich und langfristig sogar negativ.

Gesunde Positivität unterscheidet sich von toxischer Positivität dadurch, dass sie negative Gefühle wie Traurigkeit, Wut und Eifersucht anerkennt. Sie drängt auf Wachstum und Lernen durch Rückschläge und Konflikte. Toxische Positivität hingegen entsteht aus der unrealistischen Erwartung, dass das Leben immer perfekt sein muss. Wenn dies nicht der Fall ist, können Menschen “Scham oder Schuldgefühle” empfinden, weil sie nicht in der Lage sind, die gewünschte Perfektion zu erreichen. Man glaubt, dass man in allen möglichen Situationen glücklich sein muss und ignoriert dabei andere Gefühle.

Darum, wenn jemand etwas mit uns teilt, das wirklich schwierig für ihn ist, dann sollten wir nicht versuchen die Dinge besser zu machen als sie sind. Viel besser wäre einfach zu sagen: „Uff, ich weiss nicht, was ich jetzt sagen soll, ich bin einfach nur froh, dass du das mit mir geteilt hast“. Denn ganz selten macht eine Antwort eine schwierige Situation besser. Was es aber besser macht, ist Verbundenheit und das Gefühl nicht allein zu sein.

Herzlichst Euer 
Wolfgang

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